In dieser Beitragsreihe geht es um den Aufbau und die Pflege eines Beziehungsnetzwerks und insbesondere von strategischen Kontakten inklusive der intelligenten Nutzung von Social Media. Das ist keine triviale Aufgabe und schon gar nicht vorbehalten für notorische Schwätzer beim Get-together auf Kongressen, sondern erfordert viel Methodik und Systematik, um am Ende zählbare Resultate zu erzielen. Im ersten Teil geht es deshalb um die strategische Vorgehensweise und Planung, damit man ausreichend Zeit für diese Aufgabe findet und sich dabei auch nicht verzettelt.
Was sind strategische Beziehungen und Networking?
Für viele Vertriebsmodelle – nicht nur für Key Account Manager oder internationale Business Developer – besteht eine wesentliche Erfolgsgrundlage darin, bestehende Kontakte gut zu pflegen und neue, weit ausstrahlende und langfristig wichtige – sogenannte strategische – Kontakte aufzubauen. Neben Kundenkontakten können eben auch andere Kontakte in einer Branche für einen Vertriebler wichtig sein. Dazu gehören Kontakte zu Verbänden, Journalisten, Wissenschaftlern, Aufsichts- und Beiräten, Behörden, Politikern und Parteifunktionären etc. Man betreibt dieses allgemeine Networking, um Vertrauen zu schaffen, persönliche Gewogenheiten zu erzeugen, Informationen frühzeitig zu erhalten oder eine persönliche Reputation als fachlicher Experte aufzubauen.
Neben den Kontakten zu Entscheidern, die am im Einzelfall für eine Auftragsvergabe sucht, sind diese strategischen Kontakte, die wichtigsten Kontakte in einem Beziehungsnetzwerk. Ich nenne sie „strategisch“ weil Vertriebler mit dieser Kontaktpflege kein unmittelbar konkretes Ziel (nämliche eine bestimmte Auftragsvergabe) verfolgen, sondern sich einen sachlichen Lenkungseffekt oder eine starke soziale Ausstrahlwirkung erhoffen.
- Ein sachlicher Lenkungseffekt entsteht beispielsweise durch die Kontaktpflege zu einem Planungsbüro, das im Falle von Ausschreibungen häufig die inhaltlichen Anforderungen definiert. Dazu muss man die Planer von den (technischen) Spezifikationen der eigenen Produkte oder Lösungen überzeugen. Dann werden diese Spezifikationen Teil der Anforderungen einer Ausschreibung.
- Eine starke soziale Ausstrahlwirkung haben diejenigen Kontakte, die indirekt über kurz oder lang zu Aufträgen führen, weil diese Kontakte wiederum die Kontakte beziehungsweise Beziehungen zu aktuellen und zu potenziellen (zukünftigen) Entscheidungsträgern in den Unternehmen, Behörden oder anderen Organisationen beeinflussen können, die am Ende die Aufträge vergeben. Das können Kontakte zu Personen sein, die die Vergabe eines Auftrags aktiv beeinflussen können, wie zum Beispiel der Oberbürgermeister seinen Baubürgermeister beeinflussen kann. Das können aber auch nur Mitarbeiter sein, die als fachliche Referenz fungieren können. Noch ein Beispiel: Wenn man den Produktionsleiter in einem Unternehmen kennt und der eine hohe Meinung von einem hat, kann man an ganz anderer Stelle im Unternehmen in einer Verhandlung zu einem ERP-System mit dem IT-Leiter auf seine Fachkenntnisse in Produktionsprozessen und auf diese Beziehung verweisen. Wenn Vertrauen wichtig ist (und wo ist das im B2B-Geschäft nicht?) wird dieser Beziehungshinweis seine positive Wirkung nicht verfehlen.
Strategisches Vorgehen für strategische Beziehungen und Networking
Bevor man über die konkrete Herangehensweise (also Methoden und Taktiken) des strategischen Beziehungsmanagements und Networking nachdenkt, sollte man sich eine Strategie und einen langfristigen Plan überlegen. Dabei beantwortet man folgende Fragen:
- Wer ist wichtig und warum? (Unterteilen Sie dabei in A, B und C-Kontakte.)
- Was ist für diese Personen wichtig (offizielle Aufgabe und persönliche Interessen)?
- Welchen Nutzen kann ich beziehungsweise meine Organisation diesen Personen bringen?
- Strategisches Verhalten: Wie positioniere ich mich grundsätzlich, d.h. mit welchen Themen und Meinungen bringe ich mich in bestimmte Foren ein? Reicht die Reputation meines Unternehmens (meiner Marke) schon aus, um die Aufmerksamkeit zu bekommen?
- Mögliche Taktiken: Zu welchen Einzel-Themen will ich einen Vortrag halten? Wie differenziere ich mich hier? Bei welchen Gelegenheiten kann man diese Personen physisch treffen? Wie finde ich diese Person in den Social Media Kanälen? Zu welchen Kongressen gehen diese Personen?
- Wieviel Zeit kann beziehungsweise muss ich neben diesen Gelegenheiten für diese Kontakte aufwenden (insgesamt und im einzelnen)?
Machen Sie eine Liste und tragen Sie die vorhandenen Informationen zusammen. Dokumentieren und präzisieren Sie diese Überlegungen in einem Memo-Papier und die Kontakte entweder in einer Excel-Tabelle oder im CRM-System.
Wie könnte ein jährlicher Bearbeitungsplan für strategische Kontakte aussehen?
Neben der möglichen Verzettelung, das heißt einer falschen oder fehlenden Priorisierung, ist die größte Gefahr zweifellos, dass der Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen und strategischen Kontakten beziehungsweise das Networking im allgemeinen bei den akuten, (dringenden) projektbedingten Terminen nicht genügend Raum findet.
Damit diese Aufgabe nicht zu sehr in den Hintergrund rückt, führt kein Weg daran vorbei, dass Sie sich jährlich und monatlich Pläne machen. Das heißt, Sie müssen sich entsprechende „Termine“ für langfristig wichtige (strategische) Kontakte setzen.
- Schritt: Sie definieren Ihre langfristig wichtigen (strategischen) Kontakte, sofern Sie nicht schon eine Liste haben (siehe oben). Beispiel:
- Key Accounts: Was sind die max. 5-10 wichtigsten in Ihrem Gebiet/Verantwortungsbereich?
- Große Planungsbüros: Was sind die max. 3-5 wichtigsten in Ihrem Gebiet/Verantwortungsbereich?
- Öffentliche Stellen: Was sind die max. 5-10 wichtigsten in Ihrem Gebiet/Verantwortungsbereich?
- Schritt. Sie zählen zusammen: Wieviel wichtige (strategische) Kontakte müssen Sie im Jahr bearbeiten?
- Schritt. Wenn es mehr als 30 Termine mit Planungsbedarf sind, müssen Sie in Kategorie A (die Allerwichtigsten) und Kategorie B (die „Zweit-Allerwichtigsten“) unterscheiden
- Schritt: Sie nehmen eine Jahresübersicht und streichen die Wochen weg, die schon verplant sind und markieren die Wochen z.B. mit rot, die durch Feiertage, fixe Jahrestermine ohnehin schon eng werden (hier langfristig Termine reinzuplanen, die eigentlich variabel sind, ist nicht klug)
- Schritt: Weil 1 Tag sowieso als Büro- bzw. Puffertag zur Verfügung steht: Wieviele 4-Tage Wochen bleiben Ihnen noch übrig: 40 – 44 Wochen?
- Schritt: Für das erste Halbjahr (also vor den Sommerferien) versuchen Sie, für 75% Ihrer wichtigsten Kontakte (A-Kontakte) feste Terminvereinbarungen zu bekommen sowie für ein Drittel der Kategorie B. Nach den Sommerferien versuchen Sie, für die restlichen A-Kontakte feste Terminvereinbarungen zu bekommen sowie für mindestens ein Drittel der Kategorie B. Machen Sie sich feste Termine in den Kalender, von dem aus Sie die Terminvereinbarung planen und durchführen.
Fortsetzung folgt: Im zweiten Teil dieser Beitragsreihe geht es um die Anbahnung von Kontakten und inhaltliche Fragen. „Mit wem spricht man wie über welche Themen?“ damit man als angenehmer und gleichzeitiger kompetenter, wertvoller Gesprächspartner in Erinnerung bleibt.
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