(Dieser Beitrag wurde neu bearbeitet, erweitert und verbessert.) Er befasst sich mit drei Möglichkeiten durch eine Neu-Organisation im Vertrieb nachhaltig eine höhere Effektivität, d.h. mehr Abschlüsse bei Geschäftskunden (B2B), zu erreichen.
Erstes Modell: Type matching – Passt der einzelne Persönlichkeitstyp im Vertrieb noch zum Einkaufstyp auf Kundenseite?
Das Verhalten der Einkäufer ändert sich mit den zunehmenden Möglichkeiten Prozesse zu automatisieren und im Vorfeld einer Kontaktaufnahme sich im Web über Produkte und Anbieter zu informieren. Die Vertriebsmannschaft muss sich darauf einstellen und muss eventuell neu strukturiert und umgeschult werden. Konkret bedeutet das auch ein Chance, indem man die Mitarbeiter viel konsequenter entsprechend ihrer Stärken einsetzt und beispielsweise dem jeweiligen Einkaufstyp auf der Beschaffungsseite anpasst. Forrester Research sieht vier unterschiedliche Einkaufstypen und dazu passend vier Persönlichkeitstypen im Verkauf:
A. der Bedarf an reiner Auftragsentgegennahme und -abwicklung (Einkaufstyp „Serve Me“) sollte von Mitarbeitern bedient werden, die genau darin gut sind (sog. Order Takers)
B. wenn der Kunde weiss, was er will und der Bedarf besteht darin, ein komplexes Produkt in seinen Eigenschaften gezeigt zu bekommen (Einkaufstyp „Serve Me“) sollte von Mitarbeitern bearbeitet werden, die dazu neigen produktorientiert zu verkaufen (sog. Explainers)
C. der Bedarf vom Kunden „geführt“ zu werden (Einkaufstyp „Guide Me“) entsteht, wenn der Kunde noch nicht genau sagen kann, was er braucht, aber am Ende fertige Produkte (bzw. Lösungspakete) bereit stehen, um seine Wünsche zu erfüllen. Hier sollten die sogenannten Navigatoren eingesetzt werden. Sie kennen den Produktkatalog und wissen, welche Fragen sie dem Kunden stellen müssen, damit er das Richtige bekommt. Viele Mitarbeiter im Innendienst sind hierin sehr gut.
D. Hochqualizierte, kundenorientierte und kommunikationsstarke Berater („Consultants) schließlich werden gebraucht, um komplexe Bedarfssituationen des Kunden aufzuklären und individualisierte Lösungen zu konzipieren, wenn der Einkaufstyp nach „Erleuchtung“ (Enlighten Me) fragt.
Die Konsequenzen sind eine stärkere Mannschaft im Innendienst und evtl eine personelle Reduzierung im Außendienst. Denn: A und C können vom Innendienst abgedeckt werden. Typ B ((Einkaufstyp „Serve me“) kann mit modernen Kommunikationsmitteln sehr oft ebenfalls aus der Distanz bedient werden. Nur Typ D erfordert einen klassischen Außendienst. Aber auch hier empfiehlt es sich in vielen Fällen den Stand des Entscheidungsprozesses und den momentanen Bedarf an Informationen zunächst mit modernen Kommunikationsmitteln zu bedienen. Jede eingesparte Stunde Reisezeit ist schließlich eine gewonnene Stunde, wenn man sie stattdessen dazu nutzt, andere, weiter gereifte Verkaufschancen zum Abschluss zu führen.
Zweites Modell: Das Sales Development-Modell
Ein anderes Organisationsmodell für den Vertrieb ist das „Sales Development-Modell“. Re-Organisation im Vertrieb bedeutet hier eine Trennung von Rollen bzw. Spezialisierung von Teams auf Teilschritte im Vertriebsprozess. Insbesondere wird ein Team eingerichtet, das die Anfragen mit den passenden Informationen, Web-Präsentationen etc. qualifiziert, pflegt und auffüttert und erst sehr spät an die Top-Kundenberater zum Vertragsabschluss übergibt. Das ist in USA bereits verbreitet und die dazu gehörige Vertriebsrolle heißt Sales Development Rep(resentative)). In Europa (DACH) ist das weitgehend unbekannt und unüblich.
In Europa (DACH) ist der Innendienst nur eine Auftragsannahme und übergibt Anfragen sehr früh und fast unbearbeitet an den Außendienst bzw. an den Gebietsverantwortlichen. Das führt dazu, dass die sog. „Closer“ (Abschliesser = Top-Kundenberater) viel zu selten zu attraktiven „Leads“ bzw. echten Verkaufschancen kommen. Also letztlich an potenzielle Kunden, die wirklich zum Produkt passen und abschlussbereit sind. Sie sind vielmehr mit Besuchsterminen beschäftigt, die zu 40-80% zu keinem Abschluss führen (können).
Mit dieser Neu-Strukturierung der Mannschaft ist allerdings auch eine Neu-Strukturierung der Verkaufsgebiete verbunden. Weil weniger Mitarbeiter im Außendienst tätig sind, werden die Verkaufsgebiete größer. Das muss in der Summe für den verbleibenden Außendienst nicht notwendigerweise mit höheren Reisezeiten verbunden sein. Voraussetzung ist, dass die Übergabe von Opportunities vom Sales Development Rep zum „Closer“ (Außendienst) erst stattfindet, wenn der Deal sehr nah ist. Die Gefahr ist aber groß, dass es hier an der notwendigen Disziplin oder Klarheit mangelt. Neben der sauberen Definition der Übergabe-Voraussetzungen, ist im Rahmen dieses Modells die Nutzung von Video-Konferenzen, Slide-Share und anderen modernen Kommunikations- und Präsentationsmitteln dringend geboten.
Drittes Modell: Integration von Service und Vertrieb
Wenn man auf der Gebietsebene Service und Vertrieb organisatorisch zusammenführt, gewinnt man ein Höchstmaß an Kundennähe und einen wertvollen Informationszugang. Der Service kann systematisch die Verkaufschancen beim jeweiligen Kunden erkennen oder mit Leichtigkeit erfragen. Das erste Problem für die Integration ist ein kulturelles. In der Praxis passen die Rollen und Bereichskulturen zunächst nicht zueinander. Besonders der Service muss lernen völlig neu zu denken und nicht zuletzt auch kundenorientiert zu kommunizieren.
Langfristig kommt es auch auf die Personalauswahl an. Die Anforderungen an die Persönlichkeitsstrukturen, Mentalität und Qualifizierung im Service steigen enorm.
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